✽•*¨*•๑✿๑★ Autoreninterview ★๑✿๑•*¨*•✽

1. Wer ist Priska Lo Cascio? Magst du dich mal kurz vorstellen?


Geboren bin ich in einem idyllischen Dorf im Oberaargau, im schweizerischen Kanton Bern. Als typisches Landei eben. Und doch wollte ich immer die Welt sehen, Abenteuer erleben und Reisen. Nach der Ausbildung zur Reisefachfrau und sehr zum Unverständnis aller Nachbarn und Bekannten hat mich nichts mehr aufgehalten und ich bin ins Ausland gezogen. Zuerst in den Nahen Osten, dann nach Südeuropa und schließlich in den Norden sowie auf die Britischen Inseln.
Inzwischen bin ich zwar sesshaft geworden, lebe mit meiner Familie nun schon seit 25 Jahren in Zürich, das innere Reißen in die Ferne und die Faszination an fremden Ländern, Sprachen und Kulturen hat mich jedoch bis heute nie losgelassen. Ich liebe es, Neues kennenzulernen, kann stundenlang durch Museen, alte Kirchen, Katakomben oder antike Tempelanlagen stöbern oder auch still und in Gedanken versunken die Atmosphäre geschichtsträchtiger Orte auf mich wirken lassen. Dafür nehme ich auch gerne lange, mühsame Anreisen in Kauf. Sehr zum Leidwesen meines Ehemanns, der eher in die Kategorie der erholungssuchenden Badeurlaubtouristen zählt. Für mich sind solche Erlebnisse jedoch die größte Inspirationsquelle. Sowohl für historischen Romane als auch für die etwas leichteren Wohlfühl-Urlaubstitel, die ich unter meinem Pseudonym Pia Casell veröffentliche. Und meine Bucket-List an Orten, die ich unbedingt noch bereisen will, ist lang. Es gibt also noch viel zu schreiben …

2. Die wohl meistgestellte Frage: Wie bist du zum Schreiben gekommen? Und warum auch mit Pseudonyme?

Wie bei den meisten Autor*innen käme jetzt wohl das übliche “Ich habe schon als Kind gerne Geschichten geschrieben”. Ja, ich gebe zu, ein Stück weit war’s auch bei mir so. Richtig mit Schreiben angefangen habe ich jedoch eigentlich erst vor knapp 15 Jahren, als ich schlicht kein Buch mehr gefunden habe, das mich wirklich packen konnte. Meine Idee war damals, eine Geschichte nur für mich allein zu schreiben, die ich dann ganz nach Gusto anpassen könnte. Damit habe ich mir alle Zeit gelassen, insgesamt vier Jahre. Inzwischen hatte ich mich aber zum Glück im DSFo (Deutsches Schriftsteller Forum) angemeldet. Dort habe ich erst gelernt, was es überhaupt heißt, Geschichten zu schreiben, und zwar so, dass sie auch lesenswert sind. Das war eine der allerbesten Lehrzeiten überhaupt für mich. Daraus ist schließlich mein erstes Manuskript entstanden, mit dem ich auch prompt eine Agentur gefunden habe. Zwar wurde diese Geschichte nie publiziert, aber sie hat mir mit dem nächsten Manuskript die Tür zum ersten Verlagsvertrag geöffnet. Mit “Das gelbe Tuch” habe ich inzwischen sieben Bücher veröffentlicht. Zwei davon sind nicht historisch, sondern typische Urlaubsromane mit Fernwehgarantie. Das offene Pseudonym wurde hier vom Verlag gewünscht und dient zur klaren Differenzierung der beiden Genres für die Leser. Das ist eine gängige Marketingpraxis, die auch viele andere Autor*innen handhaben.

3. Wie sieht dein Alltag aus? Was machst du noch neben dem Schreiben?

Wenn ich nicht schreibe und reise, ist mein Alltag denkbar unspektakulär. Ehrlich. Das Aufregendste war wohl, als ich mich vor rund anderthalb Jahren dazu entschieden habe, dem Tourismus nach dreißig Jahren endgültig den Rücken zu kehren und mich einer ganz neuen Aufgabe zu widmen. Seither arbeite ich in der externen Mitarbeiterberatung und kümmere mich um die Koordination unserer internationalen Kunden. Ein sehr vielfältiger Job, in dem ich täglich mit der ganzen Welt zu tun habe und der es mir dank des Teilzeitpensums erlaubt, meine Schreiberei noch besser nebenbei einzubringen. Seit letztem Winter habe ich zudem mit dem Häkeln angefangen. Als meditative Nebenbeschäftigung sozusagen. Und man kann dazu prima Hörbücher genießen.

4. Wie lange schreibst du an einem Buch?

Das kommt ganz darauf an. Historische Romane sind ja meistens rechercheintensiver und auch etwas umfangreicher als die Wohlfühl-Romane. Da ich (leider) nicht vollzeitig schreibe, kann es manchmal darum gut und gerne sechs Monate, wenn nicht sogar bis zu einem Jahr lang dauern, bis das Manuskript geboren ist.

5. Du hast auch schon mehrere Bücher geschrieben? Erzähle uns bitte davon…

Dann fangen wir mal bei meinem Erstling an, der 2014 bei Thienemann unter dem Titel “Das Herz des Sternenbringers” erschienen ist. Ich staune noch immer, dass Thienemann als Kinder- und Jugendbuchverlag das Projekt seinerzeit gekauft hat, denn der Stoff war (naja, es geht auch um die Schlacht von Hastings, dem blutigsten Gefecht, das jemals auf englischem Boden stattgefunden hat) eigentlich für Erwachsene konzipiert. So haben das Buch auch hauptsächlich nur Erwachsene gelesen, die so einen Titel natürlich nie bei einem Jugendbuchverlag gesucht haben. Im Nachhinein betrachtet, war das eindeutig das falsche Thema für den falschen Verlag. Aber es war ein lehrreicher Einstieg und die Zusammenarbeit mit Thienemann genial.
Im gleichen Jahr ist im selben Verlag auch das zweite Buch “Die Herrscher von Dhaleth” erschienen. Dieses Mal ein Fantasy-Titel. Auch hier war eigentlich alles ganz anders geplant, denn der Verlag wollte zuerst eine Serie daraus machen. Mit dem Zusammenschluss von Esslinger und Thienemann wurde jedoch das gesamte Programm neu überdacht, und es ist bei diesem einen Buch geblieben. Eine weitere Erfahrung als Autorin, die ich trotz allem nicht missen möchte, denn ich habe erst hier festgestellt, wie schwer es eigentlich ist, wirklich gute Fantasy zu schreiben. Meine Hochachtung vor Autor*innen, die das wirklich können, ist seither ins Unermessliche gestiegen.
Nach einer Pause habe ich dann im Auftrag von Droemer ein neues historisches Projekt aufgreifen dürften. Das Buch ist 2018 unter dem Titel “Das Spiel der Königsmacher” erschienen. Die Geschichte spielt im Ostfrankenreich des 10. Jh. n. Chr. und erzählt vom Werdegang Heinrichs I. zum König. Darin gibt es Schlachten, Intrigen, Mord und alles, was dazugehört. Allein schon die Recherche hierfür war unglaublich spannend und intensiv. Um zu wissen, wie es sich anfühlt, eine frühmittelalterliche Rüstung und Waffen zu tragen, habe ich damals sogar am Kampftraining einer auf diese Epoche spezialisierten Re-enactment Gruppe teilgenommen. Eine unglaublich tolle Erfahrung, nach der ich zwar vor lauter Muskelkater fast eine ganze Woche lang kaum noch gehen konnte, aber es hat sich gelohnt. Ich hätte sonst nie erfahren, wie ein Kettenhemd riecht, wie verflucht viel so ein Rundschild nach nur 5 Minuten wiegt und wie sehr man sich mit einem Spangenhelm auf dem Kopf auf die Speerspitzen der Gegner fokussiert. Falls es jemand noch nicht bemerkt haben sollte: ICH LIEBE RECHERCHE Vor allem, wenn sie eine solche Detektivarbeit wird wie hier, denn die Beweislagen in dieser Epoche sind dünn gesät.
Auch wenn “Die Königsmacher” nicht zu den erfolgreichsten Titeln gehört, ist es eine meiner liebsten Geschichten und ich freue mich immer sehr, wenn mich positive Leserstimmen dazu erreichen.
Schließlich hat mich meine Lektorin von Knaur gefragt, ob ich nicht auch mal “Wohlfühl-Urlaubstitel” schreiben wolle. Ja, warum eigentlich nicht, dachte ich mir. Als langjährige Touristikerin hatte ich schließlich die Qual der Wahl an den schönsten Schauplätzen. Daraus ist die zweiteilige “Kreta-Sommer Serie” mit “Oliven zum Frühstück” und “Ein Sommer voller Salbeiduft” entstanden. Im Mittelpunkt steht dabei immer die liebenswert schrullige Großfamilie Zoidakis aus Palekastro auf Kreta und das Thema des “Aufeinanderprallens der Kulturen”, sobald die bzw. der deutsche Hauptprotagonist*in auf die Zoidakis’ trifft. Es macht unheimlichen Spaß, die unterschiedlichen Mentalitäten, Traditionen und Kulturen miteinander zu vergleichen, ihre Gegensätze auszuleuchten und – ja – manchmal auch bewusst mit typischen Klischees zu spielen.
Im November 2021 ist schließlich mit “Die Stunde zwischen Nacht und Morgen” mein absolutes Herzensbuch bei Droemer erschienen. Nachdem ich vor Jahren einen Artikel darüber gelesen hatte, schwirrte mir die Idee dazu ständig im Kopf herum, doch ich hatte mich nie getraut, als Schweizerin ein so schwieriges Thema wie den 2. Weltkrieg aufzugreifen. Irgendwie fühlte sich das einfach zu vermessen an. Bis mich schlussendlich meine Lektorin und eine liebe Autorenkollegin überredet haben. Die Geschichte spielt im Köln des Jahres 1946 und erzählt mit dem direkten Schauplatz im “Schweizer Dorf am Venloer Wall” von einem kaum bekannten Kapitel der unmittelbaren Nachkriegszeit.
Tja, und am 30. September 2022 hat nun auch mein Neuling “Das gelbe Tuch” bei Lübbe das Licht der Welt erblickt. Hier befinden wir uns jedoch im Spätmittelalter, und zwar genauer Anno Domini 1449 in Nürnberg. Wie Cover und Titel bereits verraten, geht es um eine Hübschlerin (Prostituierte) in der Hauptrolle, die um ihre Rechte in der städtischen Gesellschaft kämpft. Aber nicht nur. Es ist zugleich ein Portrait des alltäglichen Lebens in einer der wichtigsten deutschen Handelsstädte des Spätmittelalters, während sich der Konflikt zwischen den stets mächtiger werdenden Patriziern und dem alten Landadel immer weiter zuspitzt und schließlich im Markgrafenkrieg (1449/1450) seinen Höhepunkt findet. Dazu habe ich mich stark an historisch belegten Begebenheiten jener Zeit gehalten, die es tatsächlich in Hülle und Fülle gibt.
Das wären alle bisher erschienen Titel von mir. Im Moment gönne ich mir zwar noch ein kleine Schreibpause, aber der nächste Wohlfühl-Urlaubsroman ist bereits geplant und weitere Ideen für neue historische Projekte liegen auch schon in der Pipeline. Langweilig wird es mir also nicht.

6. Was machst du hinterher, wenn das Buch beendet und veröffentlicht ist? Stürzt du dich gleich in den nächsten Schreibmarathon?

Naja, von der Abgabe des fertigen Manuskripts bis hin zur Veröffentlichung vergeht oft noch eine ganze Weile, manchmal sogar ein ganzes Jahr. So bleibt genug Zeit, um sich etwas Neuem zu widmen. Aber ich versuche, ein paar Wochen lang zu verschnaufen, bevor ich mit dem nächsten Projekt anfange. Vor allem wenn es sich um ein völlig neues Thema oder ein anderes Genre handelt. Ich weiß, andere können da direkt loslegen, ich hingegen brauche da immer etwas Zeit, um mich neu einzufinden.

7. Liest du auch selbst gerne mal? Wenn ja, welches Genre bevorzugst du selbst persönlich?

Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit zum Lesen, denn es gehört zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Am liebsten lese ich zwar auf Englisch, das jedoch in fast jedem Genre außer Thriller und Krimis. Keine Ahnung warum, aber damit kann ich mich einfach nicht anfreunden. Und ich könnte sie auch nicht schreiben. Wahrscheinlich würde ich den Mörder bereits auf den ersten zwanzig Seiten verraten.

8. Wenn du eine traurige, witzige oder spannende Szene schreibst, fühlst du dann mit?

Oh ja, beim Schreiben bin ich meistens so nahe an meinen Figuren dran, dass ich mit ihnen lache, fluche und mitfiebere. Je nach Szene kann ich auch mal Rotz und Wasser heulen. Das passiert mir ständig, ob beim Lesen oder im Kino. Ich bin nun mal ein sehr emotionaler Mensch. Aber dieses Eintauchen in die Protagonisten, deren Geschichte man erzählt – genau das liebe ich so sehr daran. Auch wenn es manchmal für die Leute, die mich beim Schreiben beobachten, ziemlich verstörend sein kann.

9. Was ist bis jetzt der Schönste Moment in deiner bisherigen Zeit als Autorin gewesen?

Als ich meinen allerersten veröffentlichten Roman gedruckt und mit meinem Namen auf dem Cover in Händen gehalten habe.

10... so spontan… was fällt dir dazu ein?

Lieblingsfarbe: Rot
Lieblingsbuch: Wie gesagt, lese ich am liebsten auf English, darum: “The Guernsey Literary & Potato Peel Pie Society” von Mary Ann Shaffer. Auf Deutsch lautet der (meiner Meinung nach sehr einfallslose) Titel “Deine Juliet”. Ein absolut wunderbares Buch, über ein Grüppchen von Menschen auf der Insel Guernsey, die der Zufall und der 2. Weltkrieg zusammenschmiedet. Dadurch dass die Geschichte ganz in Briefform geschrieben ist, wirkt sie noch viel eindringlicher, finde ich. Und ja, ich heule ständig dabei, auch wenn ich sie schon so oft gelesen habe, dass ich gewisse Szenen fast auswendig kenne.
Lieblingsschriftsteller(in): Da gibt es mehrere. Als Jugendliche war die Schweizer Schriftstellerin Federica de Cesco mein großes Vorbild. Ihre Bücher gehören auch heute noch zu den Schätzen in meinem Bücherregal. Im Historischen Bereich lese ich jedoch inzwischen eher Bernhard Cornwell und Ken Follett. Aber auch Rebecca Gablé gehört zu meinen Favoriten. Habe ich genug von Histos, greife ich sehr gerne zu Alena Schröder oder Delia Owen.
Lieblingsessen: Pasta alla Norma
Lieblingsgetränk: Piña Colada ohne Alkohol im Sommer, Ingwertee im Winter.
Lieblingsfilm: “La vita è bella” von Roberto Benigni.
Lieblingsschauspieler(in): Nachdem ich das nun schon gefühlte 323 Mal angepasst habe – voilà, hier meine Favoriten: Benedict Cumberbatch & Emma Thompson. Unter vielen vielen anderen begnadeten Schauspielern allerdings.
Lieblingsort: Oje, das ist schwer, es gibt so viele wunderbare Orte. Zu meinen absoluten Kraftorten gehören jedoch die Region am Nærøyfjord (Norwegen) und das Wadi Rum (Jordanien).
Lieblingsland: Schottland, Island und Jordanien.
Lieblingshobby: Reisen, Lesen und neuerdings auch Häkeln.